30. Juni 2022
TRANSITION Part I
«Vexations» von Erik Satie | Piano Duo
Biel CH | KlHaus
bis 19:00 Uhr
«Vexations» von Erik Satie – Transition Part I»
Mittwoch, 29. Juni um 19 Uhr bis Donnerstag, 30. Juni um 19 Uhr
2 Pianisten: Judith Wegmann und Simon Bucher
«Vexations» (übersetzt: Quälereien) ist 1893 vom französischen Komponisten Erik Satie komponiert und gehört zu den längsten Werken der Musikgeschichte. Das Werk besteht aus einem Thema und zwei Variationen, das genau 840-mal zu wiederholen ist. Das Stück dauert ohne Pause 24 Stunden. Und lässt während diesen Stunden das Thema genau 3360-mal erklingen. Es handelt sich um eines der ersten Beispiele für ein repetitives Arrangement sowie für Atonalität in der Kunstmusik und wird allgemein als eines der längsten Stücke der Musikgeschichte überhaupt angesehen. Heute zählt es wegen der Ungewöhnlichkeit zu den bekanntesten Werken Saties. Es gibt beinahe keine Antworten, weshalb der Komponist diese Variationen genau 840-mal erklingen lassen wollte. Die meisten Interpreten und Forscher machen dazu ihre eigenen Gedanken. Wie auch die Gründe weshalb sie dieses Werk aufführen möchten. Saties Rat für die Aufführung ist: «Um dieses Motiv achthundertvierzigmal zu spielen, wird es gut sein, sich darauf vorzubereiten, und zwar in größter Stille, mit ernster Regungslosigkeit.»
Mich persönlich faszinieren Überlängen von Konzerten und Extreme in Kompositionen u.a. war ich bereits zahlreichen Aufführungen von den Vexations beteiligt, wie auch jener zur Eröffnung vom KKL Luzern, damals allerdings mit 10 beteiligten Pianisten. Eine solche Zeitdimension wie jene der die «Vexations» mit sich bringt, lässt die Aufführenden in Zustände begeben, die man anderweitig selten erlebt. Die persönlichen Grenzen werden einem immer wieder neu aufgezeigt, während Stunden, und neue unbekannte Räume in einem Selbst eröffnet, die man zuvor nicht erahnen kann und sich daher auch nur bedingt darauf vorbereiten kann. Der Moment ist das pure Erleben des Unaufhaltbaren, Note für Note, auf die die Augen gerichtet sind, weil sie sich auch nach hundertmal spielen, nicht im Gedächtnis festhaften wollen. Es sind die eigenen Gedanken, von denen man umgeben ist, und die man, während dem mehrstündigen Wiederholen der «Vexations» durchläuft und empfindet. Man begibt sich mit der ersten Note auf eine Reise ins Ungewisse.
Mit dieser Überlänge kreiert man einen Raum und lässt ihn mit dieser in sich wiederholenden Einfachheit zum Schweben bringen. Eine Wiederholung, der Wiederholung, zur nächsten Wiederholung, bis alles abrupt nach 840 Wiederholungen und einer etwa 24-stündigen Spielzeit in der Stille endet. Die Musik entsteht aus dem Nichts und endet im Nichts. Sie wird durch die offene Tür vom KlHaus während 24 Stunden über PasqquArt’s Wiese klingen, tagsüber zu den wachen und nachts sanft zu schlafenden Menschen getragen, bis sie plötzlich wieder verschwindet. – War das ein Traum?